Die Bedrohung der Monarchie
Nach dem Tod Karls VI. und dem Beginn des Österreichischen Erbfolgekriegs (1740–1748) befand sich Maria Theresia in einer verzweifelten Lage. Trotz der in der Pragmatischen Sanktion festgelegten Erbfolge, die sie als Frau vorsah, fielen Preußen, Bayern, Sachsen, Frankreich und Spanien in ihre Ländereien ein. Friedrich II. von Preußen marschierte in Schlesien ein. Die bayerischen Truppen, unterstützt von den Franzosen, drangen bis nach Oberösterreich vor und bedrohten sogar die kaiserliche Residenz Wien.
Maria Theresia hatte kaum ein einsatzbereites Heer und eine leere Staatskasse. In dieser existenziellen Not wandte sie sich an die einzigen, die ihr noch wirksame militärische Hilfe leisten konnten: die ungarischen Stände.
Die Rede in Pressburg (11. September 1741)
Am 11. September 1741 trat die junge, gerade gekrönte Königin von Ungarn – in Ungarn wurde sie traditionell als "König" (rex) und nicht als "Königin" (regina) bezeichnet – vor den ungarischen Reichstag in Pressburg.
Maria Theresia erschien in schwarzem Trauerkleid, trug die ungarische Stephanskrone und trat in lateinischer Sprache an die Stände heran. Die Rede war von größter Eindringlichkeit und Dramatik. Sie schilderte die akute Bedrohung der Monarchie, die Verletzung ihres Erbrechts und die Gefahr für alle ihre Länder, einschließlich Ungarn selbst: „Die ganze seit so vielen Jahrhunderten blühende Monarchie [droht] in Einem Augenblick Gefahr, selbst die Residenz der Königin [Wien] sei nicht mehr sicher.“
Der Kern ihrer Ansprache war jedoch ein persönlicher Appell. Mit Tränen in den Augen präsentierte sie den Ständen ihren Säugling, den späteren Kaiser Joseph II., und bat die ungarischen Herren nicht nur um Geld, sondern vor allem um den Einsatz ihrer Truppen und ihre Treue.
Die ungarische Antwort: "Vitam et Sanguinem!"
Die Wirkung von Maria Theresias Auftritt und ihrer Rede war überwältigend. Die dramatische Geste der jungen, bedrängten Herrscherin, die in ihrer größten Not vor den Reichstag trat und die traditionell oft widerstrebenden ungarischen Adeligen an ihre Ehre und die Verteidigung der ungarischen Krone appellierte, löste eine Welle der Loyalität aus.
Die Stände beantworteten ihren Aufruf mit dem legendären Ausruf:
„Vitam nostram et sanguinem pro rege nostro consecramus!“
(Unser Leben und unser Blut weihen wir unserem König!)
Dieser Schwur beendete die langjährigen Spannungen zwischen dem ungarischen Adel und der Habsburger Herrscherin. Er signalisierte nicht nur die uneingeschränkte Loyalität der ungarischen Stände, sondern war auch ein Versprechen für massive militärische Unterstützung.
Die Folgen: Ungarns Beitrag zum Krieg
Die Reaktion der Ungarn war nicht nur ein emotionaler Akt, sondern lieferte auch die dringend benötigte militärische Wende.
- Truppenaufstellung: Sofort wurden Husaren- und Infanterieregimenter (insbesondere die berühmten Husaren) aufgestellt und in den Krieg geschickt. Die ungarischen Truppen, bekannt für ihre Tapferkeit und ihren Kampfgeist, spielten eine entscheidende Rolle bei der Verteidigung der habsburgischen Erblande.
- Stabilisierung: Die Unterstützung Ungarns stärkte Maria Theresias Position massiv und ermöglichte es ihr, den Krieg fortzusetzen und ihre Herrschaft in den verbleibenden Erblanden zu stabilisieren.
- Politische Konzessionen: Im Gegenzug für diese entscheidende Hilfe musste Maria Theresia den ungarischen Ständen eine Reihe von historischen Privilegien und die Einhaltung ihrer Verfassung zusichern. Sie erkannte die ungarische Sonderstellung innerhalb der Monarchie an, was ein wichtiger Grundstein für die spätere Beziehung zwischen Österreich und Ungarn wurde.
Die Rede in Pressburg markierte einen Wendepunkt in Maria Theresias Leben und in der Geschichte der Habsburgermonarchie. Sie sicherte ihr das Überleben und festigte ihre Herrschaft, auch wenn sie am Ende des Krieges das wichtige Schlesien an Preußen verlor.
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